Es lebe der Longstay!

Die gute Nachricht vorweg: Die aktuellen Stimmungs- und Betreiberumfragen, die wir für unseren Markreport im Juni durchgeführt haben, zeigen, dass noch immer bis zu 70 Prozent der Serviced-Apartment-Betriebe in Deutschland geöffnet sind. Vor allem Häuser mit dem Fokus auf Longstay-Aufenthalte können sich besser behaupten. Im März konnten diese Betreiber noch eine Auslastung von bis zu 70 Prozent generieren. Aktuell sind es bei vielen ca. 30 Prozent, bei manchen noch 40 Prozent Belegung. Es bleibt abzuwarten, wie sich die allmähliche Öffnung der nächsten Wochen auswirkt.

Auch der Shootingstar Serviced Apartments ist durch den weltweiten Lockdown in Folge der Covid19-Pandemie getroffen - wie viele andere Bereiche und Branchen im gesamten Reisebereich. Serviced-Apartment-Anbieter sind aber in Deutschland und anderen Ländern später und weniger stark von der Corona-Krise betroffen als die klassische Hotellerie. Es gab und gibt während Corona eine spezielle Nachfrage nach dem flexiblen und professionellen Wohnen-auf-Zeit-Konzept mit Selbstversorgungsmöglichkeiten durch die Kitchenette, zumeist kontaktlosen Zugängen und zentralen Lagen in der Nähe von Versorgungseinrichtungen. Vor allem Longstay-Gäste nutzten in den letzten Wochen die Angebote der Häuser als Stay-Home-Alternative, darunter viele Geschäftsreisende, Gestrandete und Mitarbeiter von medizinischen bzw. öffentlichen Einrichtungen. Zugleich konnten einige Anbieter mit neuen Homeoffice-Angeboten neue Gäste gewinnen.

Die Option Schließung kam und kommt für viele Betriebe im Vergleich zur Hotellerie also während der Corona-Monate nicht in Betracht, auch weil etliche Häuser in der Regel ohnehin mit weniger Mitarbeitern kalkulieren müssen - und nicht über Kostentreiber wie umfangreiche F&B-, Tagungs- und Wellnessbereiche verfügen. Dennoch sind Kurzarbeit und Mietstundungen die gängigen Mittel der Betreiber ihre Kosten weiter zu senken. Die Nachfrage nach Ein- bis Zwei-Monatslösungen, flexibel schließbaren Buchungsverträgen und Service-Angeboten, die man unkompliziert hinzubuchen kann, ist und bleibt groß und kann von professionellen Serviced-Apartment-Anbietern mit allen klaren gewerblichen Regelungen in der Regel optimal bedient werden. Ich bin fest davon überzeugt, dass das Konzept weiterhin seine Berechtigung hat. 

Wie geht es weiter? Vorausgesetzt, dass sich die Lockerungsmaßnahmen in diesen Tagen verstärken und zu einem Exit führen, könnte im Mai mit einer Gästerückkehr gerechnet werden, die sich im Juni/Juli steigert und vor allem ab September eine deutliche Zunahme zeigt. Gute sechs Monate wird es somit wohl mindestens dauern, bis das laufende Geschäft spürbar anzieht, vorausgesetzt es kommt keine zweite Infektionswelle. Das Segment hätte dann im Vergleich zur klassischen Hotellerie später an Boden verloren haben und würde früher wieder anziehen.

Der Geschäftsreiseverband VDR vermutet zudem, dass sich das Reiseverhalten durch die Corona-Erfahrungen verändern wird. Statt Kurzreisen für einen Geschäftstermin würde es künftig mehr gebündelte Terminreisen geben, die einen längeren Aufenthalt an einem Ort und in einer Unterkunft notwendig machen. Auch davon könnte das Serviced-Apartment-Segment profitieren.

In den nächsten Wochen werden sich in der Folge viele Betreiber mit noch intensiveren Digitalisierungsprozessen und umfangreichen Hygienemaßnahmen aufstellen und so für ein großes Vertrauen bei Unternehmen, Travelmanagern, Geschäfts- wie Freizeitreisenden, aber auch Investoren und Entwicklern sorgen müssen. Es wird viele Anbieter geben, auch aus anderen Bereichen, die sich im Bereich Longstay noch stärker positionieren wollen und zugleich neue Zielgruppen wie Studierende vermehrt in den Fokus nehmen. Erfolgreich werden aber vor allem die sein, die über die passenden Grundrisse und Betriebsstrukturen verfügen und insbesondere im Sinne einer gesunden Markterholung angemessen kalkulieren. Lage, Konzept- und Betreiberqualität werden über Gewinner und Verlierer in unserem jungen Segment in den nächsten Monaten entscheiden.

Das Thema Globalisierung wird in der Zukunft einen Dämpfer bekommen, aber es wird nicht aufhören. Die gesellschaftlichen Megatrends Urbanisierung, Individualität, Wissenskultur, New Work und Mobilität als Motor der Branche werden nach der Krise weiterhin wirken. Daher sind noch immer flexible Wohnformen jenseits der Wohnungswirtschaft gefragt. Das Serviced-Apartment-Segment wird dabei auch neue, angepasste Antworten entwickeln, die das Wohnen der Zukunft weiter mitprägen werden. Weitere Analysen zum Segment bietet unser Marktreport Serviced Apartments 2020, der im Juni erscheint.

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