Günstiger Wohnraum dringend gesucht

Interview mit Clemens Jung

Für effektives Gegensteuern bei Wohnungsnot fehlen Kommunen oft Kapazitäten. Zumal die Corona-Krise Aufmerksamkeit bindet. Ein Komplettpaket zur Errichtung geförderten Wohnraums bietet die GBI Unternehmensgruppe. An den Vorteilen für Mieter und der Gestaltungshoheit der Städte ändert sich nichts. Im Interview mit Wolfgang Ludwig: Clemens Jung, Geschäftsführer GBI Wohnungsbau.

Als Tochtergesellschaft einer gemeinnützigen Stiftung entwickelt und baut die GBI Unternehmensgruppe schon seit Jahren unter anderem geförderte Wohnungen mit günstigen Mieten. Also für Menschen, die auf dem freien Markt nur schwierig eine Unterkunft finden. Warum? 

Da gibt es riesigen Nachholbedarf. Fast zwei Millionen Wohnungen fehlen in Deutschland, meist preisgünstige Unterkünfte. Die Corona- Pandemie ändert daran nichts. Das wird sich in Kürze zeigen, wenn andere Herausforderungen wieder stärker ins Blickfeld geraten. Gefördertes Wohnen ist die effektivste Möglichkeit, das Angebot - auch an barrierefreien kleinen Einheiten - zu verbessern, durch mit öffentlichen Darlehen oder Zuschüssen errichtete Immobilien.

Wie groß ist der Handlungsbedarf? 

Das Problem wird immer drängender. Jedes Jahr fallen mehr Einheiten aus der in Regel 20- bis 30-jährigen Mietbindung heraus als neue gebaut werden. Die Zahl geförderter Wohnungen sank deshalb seit 1990 von 2,8 auf ca. 1,2 Millionen. Zudem müssen jetzt auch Städte handeln, in denen eine solche angespannte Wohnungssituation völlig neu ist. Da können wir helfen, mit einem Komplettpaket aus Planung und Bauen. Wir helfen falls notwendig in allen Bereichen, bei Verhandlungen mit öffentlichen Förderstellen, beim Finden eines Investors oder der Vermietung. In einigen Bundesländern wie Bayern, Baden- Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Hessen können wir dank passender rechtlicher Bestimmungen direkt loslegen.

Und welche Investoren interessieren sich denn für gefördertes Wohnen? 

Versicherungen oder Pensionskassen gehören zu den institutionellen Investoren, die immer größeren Wert auf soziale und ökologische Aspekte sowie Nachhaltigkeit legen. Um das zu erreichen, nimmt man auch eine etwas geringere Rendite in Kauf. Für diese so genannten ESG-Kriterien ist der geförderte Wohnungsbau das ideale Vehikel. Und aufgrund der hohen Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum sind solche Projekte besonders gut kalkulierbar. Durch die Corona-Krise wird sich diese Entwicklung verstärken.

Was bedeuten solche Modelle für Mieter? 

Für diese spielt es keine Rolle, ob eine geförderte Wohnung mit Unterstützung eines privaten Projektentwicklers oder Investoren errichtet wurde. Die Regulierungen bei Miete und Mieterhöhung bleiben dieselben. Auch Aufteilungen und Kündigungen wegen eigenem Bedarf oder Nutzungsänderungen sind während der Mietpreisbindung unmöglich. Auch für die Städte und die staatlichen Förder-Institutionen ändert sich nichts. Beispielsweise entscheiden die Kommunen final über die Belegung. Das ist ein tolles Erfolgsbeispiel, wie privates Know-how und Kapital für eine zentrale kommunale Aufgabe genutzt werden können. Wir haben das schon vielerorts erfolgreich praktiziert. Ich nenne da beispielhaft Herzogenaurach, Langenhagen bei Hannover oder Kerpen-Horrem bei Köln.

Aber solche Bauvorhaben sind doch nur für eine Minderheit der Bürger interessant? 

Nein! Das hat sich dramatisch verändert. In vielen Städten hat rund jeder zweite Haushalt Anspruch auf gefördertes Wohnen. Doch bundesweit nur jedem 15. Haushalt steht ein solches Angebot zur Verfügung. Der Anteil geförderter Einheiten am Bestand liegt nur bei ca. 3 Prozent. Durchschnittseinkommen schützen nicht vor riesigen Problemen bei der Wohnraumsuche. Zudem profitiert die ganz Kommune, die dortige Wirtschaft und Verwaltung, wenn es für Fachkräfte ausreichend passenden Wohnraum gibt.

Warum macht das nicht jeder Entwickler? 

Solche Bauvorhaben sind eine Herausforderung. Denn jedes Bundesland hat unterschiedliche Förderbedingungen, mit zahlreichen Besonderheiten. Und man muss mit vielen kommunalen Akteuren zusammenarbeiten. Die GBI hat zudem eine besondere Motivation, sich hier zu engagieren, weil sie zum Verbund der gemeinnützige Moses Mendelssohn Stiftung gehört. Diese fördert die europäisch-jüdische Verständigung durch Veranstaltungen und Projekte. Finanziert werden diese durch die Investments. Diese sollen sinnvoll, nachhaltig und im Sinne der Allgemeinheit sein. Geförderter Wohnraum ist dafür ideal.

Wie viele Wohnungen ermöglichen die Projekte? 

Ein Dutzend bis zu mehr als 100 Wohnungen werden so jeweils möglich, je nach Bedarf. Bei größeren Grundstücken in den Städten kombinieren wir das mit anderen Immobilien, die zu unserem Portfolio gehören. Etwa den Bau von Apartments für Studenten und Auszubildende, teilweise auch öffentlich gefördert. Ein solches gefördertes Wohnheim ist in Essen bereits seit zwei Jahren in Betrieb, ein Haus in Paderborn ist im Bau. Auch Serviced Apartments für Dienstreisende und Touristen gehören zum Angebot der GBI, über die eigene Marke SMARTments business. Dank Küche und Selbstversorgung haben diese in der Corona-Zeit viele neue Fans gewonnen. Zudem sind Immobilien im Bereich Wohnen und Pflege für Ältere möglich. Auch dieser Bedarf steigt in den kommenden Jahren extrem. Viele Städte wünschen sich sogar die Integration von Kinderbetreuungs-Angeboten. Auch das haben wir per Mixed Use umgesetzt, etwa mitten in Frankfurt als Kombination von Hotel, Studentenwohnheim und Kita. Wir können also lebendige Quartiere entwickeln, um das geförderte Wohnen je nach Bedarf einzubetten. Dieses Mixed-Use-Bauen ist Spezialität der GBI.

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