Mikroapartments sind nicht gleich Mikroapartments

Mikroapartments mit einem Volumen von 1,6 Milliarden Euro sind in Deutschland allein im 1. Halbjahr 2018 laut dem Immobiliendienstleister CBRE gehandelt worden. Die Spitzenrenditen sollen dabei um 3,75% gelegen haben. Diese Nachricht zeigt, dass sich das Thema Mikroapartments tatsächlich zu einer Anlageklasse entwickelt hat, welche für die Branchengrößen der institutionellen Investoren interessant wird.

Das von CBRE ermittelte Transaktionsvolumen betrifft vor allem größere Portfolios, die im Teilsegment Studentisches Wohnen gehandelt und öffentlich gemacht wurden. Unter dem Begriff Mikroapartments werden jedoch aktuell verschiedene Konzepte von einer ganzen Reihe kleinerer und mittelgroßer Projektentwicklern angeboten. Neben den erwähnten Studierendenwohnheimen oder Apartmentanlagen für junge Menschen in der Ausbildungsphase, sind dies gewöhnliche wohnwirtschaftliche Klein-(<50m²) und Kleinstwohnungen (<35m²), sowie die eher dem gewerblichen Beherbergungsmarkt zuzuordnenden „Serviced Apartments“. Entsprechend verhalten sich Verwaltungsaufwand und Renditeerwartungen.

Obwohl es keine einheitliche Definition für Mikroapartments gibt, kann festgestellt werden, dass der Bedarf an unterschiedlichen Unterbringungsformen für Einzelpersonen in vielen Regionen weiter steigen wird. Dies hat mehrere Ursachen, die vor allem mit einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandlungsprozess zusammenhängt. War es beispielsweise früher nicht unüblich, dass der elterliche Haushalt erst zum Zeitpunkt der Gründung einer eigenen Familie verlassen wurde, haben heute die meisten Menschen spätestens mit dem Berufseintritt einen eigenen Haushalt gegründet, ohne gleich verheiratet zu sein oder Kinder zu haben. Ähnlich verhält es sich bei älteren Menschen, die in der Regel nicht mehr als „Altenteiler“ einen gemeinsamen Haushalt mit der Familie eines ihrer Kinder bilden, sondern zumindest haushaltsstatistisch eigenständig bleiben. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass immer mehr Haushalte nur noch aus einer oder zwei Personen gebildet werden. 1966 machten zum Beispiel die Einpersonenhaushalte lediglich 24% der Grundgesamtheit aus; fünfzig Jahre später bereits 41%. Laut einer Prognose des Bundesstatistikamtes kann sogar davon ausgegangen werden, dass diese Quote bis 2030 deutschlandweit auf 43% steigen wird. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in den Millionenstädten bereits heute mehr als die Hälfte der Haushalte nur noch aus einer Person bestehen.

Wenn immer mehr Personen einen eigenen Haushalt bilden, kann selbst bei einer sinkenden Bevölkerungszahl die Wohnungsnachfrage steigen. Durch die Veränderungen der Haushaltsstrukturen wächst insbesondere die Nachfrage nach kleineren Wohnungen in Mehrparteienhäusern zentraler, „urbaner“ Lagen. Doch gerade in den wirtschaftsstarken Großstädten haben sich die Immobilienpreise in den letzten Jahren deutlich oberhalb der allgemeinen Teuerungsrate oder den gewöhnlichen Einkommenssteigerungen entwickelt. Die gegenwärtige Diskussion um die „Bezahlbarkeit von Wohnraum“ ließe sich vielfach durch die Angebotsausweitung von kleinen und damit den Haushaltsstrukturen angepassten Wohnungen beenden. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass die Wohnungsnachfrage längst nicht mehr allein durch ortsansässige Wohnbevölkerung beeinflusst wird, sondern zunehmend durch Personen auf der Suche nach einem möblierten Zweitwohnsitz oder einer anderen temporär verfügbaren Unterkunft. Dies betrifft junge Menschen in der Ausbildungsphase ebenso wie Personen in der Probezeit oder Projektmitarbeiter. Neben diesen eher beruflich motivierten Aufenthalten, können aber auch eine Reihe privater Gründe eine Rolle für das Vorhandensein von „temporären Wohnbedürfnissen“ sein. Unter dem Schlagwort „Touristifizierung“ oder sogar „Airbnbsierung“ ist dieses Thema in den letzten Jahren intensiv diskutiert worden. Auch von diesen Personenkreisen werden vor allem Mikroapartments nachgefragt.

Die potentiell wachsenden Zielgruppen bei einem gleichzeitig viel zu geringen Angebot zeigen die sehr guten Marktchancen bei Mikroapartments. Allerdings:  Nicht jedes Projekt, welches aktuell angekündigt wird, lässt eine nachhaltige Markttauglichkeit erkennen. Eine sorgsame Analyse des jeweiligen Marktsegmentes sowie eine fundierte Analyse des Standortes bezüglich der Kriterien Konzept, Preis und Lage ist daher unabdingbar.

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