Verlässlichkeit ist essenziell

Die von der Politik gesetzten Klimaziele sind ambitioniert und ehrgeizig. Der ZIA bekennt sich als Spitzenverband der Immobilienwirtschaft zum Pariser Klimaschutzabkommen und unterstützt die Bundesregierung bei der Erreichung der deutschen Klimaschutzziele – und das schon seit mehreren Jahren.

Vor einigen Wochen hatte das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) allerdings verkündet, die Fördergelder für EH55 und EH40 zu stoppen. Diese sehr kurzfristige Entscheidung hat für viel Unruhe und Verärgerung in der Branche gesorgt, vor allem aber auch zu einer großen Verunsicherung bei den Unternehmen des Wohnungsbaus geführt. Betroffen waren viele mittelständische Unternehmen, die sich in ihren Kalkulationen auf die Fördermittel verlassen haben.

Es war daher ein wichtiges Zeichen, dass wenigstens die bereits gestellten Anträge weiterbearbeitet werden. Gleichzeitig ist dies Ausdruck dessen, dass sich Protest und Gespräche auszahlen. Zumindest ist die Entscheidung ehrlich und lösungsorientiert. Die hierzu geführten politischen Gespräche zwischen dem ZIA und verschiedenen politischen Ebenen in den Ministerien haben sich also gelohnt.

Aber: Um das Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr zu erreichen, muss es aber darum gehen, ein langfristig ausgerichtetes Förderprogramm aufzusetzen. Für den Wohnungsbau sind verlässliche und planbare Rahmenbedingungen essenziell. Nur so kann ein Vertrauensschaden bei der Wohnungswirtschaft verhindert werden, die mit einem Vorlauf von oft bis zu zwei Jahren pro Projekt und vor einem Förderantrag hohe Entwicklungskosten investiert hat. Neue Standards dürfen aber auch nicht zu einem übertriebenen Materialeinsatz und höheren Kosten führen. Gebäude immer stärker zu dämmen, treibt die Kosten nach oben und nutzt dem Klima wenig. Innovative und technologieoffene Konzepte müssen berücksichtigt und nicht nur eine einzelne Technologie gefördert werden.

Es ist völlig klar, dass die Bundesregierung ihre klimapolitischen Ambitionen nur mit einer vernünftig ausgestatteten Förderkulisse erreichen kann, gerade im Wohnungsbau. Eine Mittelausstattung von mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr bis 2025 erscheint dabei angemessen, um der umfassenden Nachfrage und der Bedeutung des Themas Klimaschutz langfristig gerecht zu werden.

Es sind insgesamt drei Grundsätze, die bei der Klimaschutzpolitik im Fokus stehen müssen: Wirtschaftlichkeit, Technologieoffenheit und Sozialverträglichkeit.

Die Wirtschaftlichkeit muss als zentraler politischer Maßstab gelten – insbesondere, wenn die gesetzlichen Anforderungen für Klimaschutz im Gebäudesektor steigen. Denn nur, wenn Maßnahmen aus sich heraus wirtschaftlich sind oder durch Förderung in die Wirtschaftlichkeit gehoben werden, wird tatsächlich gebaut und saniert werden. Ohne diese Voraussetzungen laufen gesetzliche Anforderungen ins Leere, da sie letztlich Bautätigkeit verhindern, wodurch notwendige CO2-Einsparungen nicht realisiert werden und soziale Härten im Wohnungsmarkt entstehen. Damit stünde auch das Ziel der Ampel-Koalition von 400.000 jährlich neuen Wohnungen in Frage.

Bei der Wahl der Mittel zur Erreichung der Klimaschutzziele muss Technologieoffenheit das oberste Gebot sein. Bauherren, Projektentwickler und Planer müssen nach eigenen Erwägungen entscheiden, welche Mittel sie zur Erreichung der vorgegebenen CO2-Zielwerte wählen. Nur so kann eine für das einzelne Bau- oder Sanierungsobjekt passende Lösung gefunden werden, die aus dem breiten Instrumentenmix von Energieeffizienzsteigerung bei der Gebäudehülle oder dem Einsatz von erneuerbaren Energien bei Strom oder Wärme die passenden Maßnahmen wählt.

Darüber hinaus sind die Klimaschutzziele Deutschlands nur dann zu erreichen, wenn die Dekarbonisierung des Energie- und Gebäudesektors gelingt und dies nicht gleichzeitig zu einer Überlastung des privaten und des gewerblichen Nutzers führt. Die soziale Frage der Bezahlbarkeit und die Berücksichtigung von sozialen Härten muss deshalb ebenso in den Blick genommen werden, wenn wir gemeinsam die gesetzten Ziele erreichen wollen.


Beitrag von Dr. Andreas Mattner (Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses ZIA).

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