Warten auf die neue Förderung

Im Januar 2022 war die Empörung groß bei Unternehmen, die in Deutschland Wohnungen bauen. Von einem „katastrophalen Signal für die Klima- und Wohnungsbauziele der Bundesregierung“ sprach Axel Gedaschko, der Präsident des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, während Andreas Mattner, der Präsident des Zentralen Immobilien Ausschusses (ZIA), einen „Nackenschlag“ für das energieeffiziente Bauen konstatierte.

Grund für das Entsetzen war der am 24. Januar verkündete abrupte Stopp bei den Fördermitteln, die die staatliche Förderbank KfW für die Errichtung energieeffizienter Gebäude ausreicht. Und das war bei weitem nicht der einzige Aufreger, den das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz der Immobilienbranche in den vergangenen Monaten zumutete. Denn im Lauf des Jahres folgten weitere kurzfristige Änderungen bei der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG), sowie die Ankündigung einer grundsätzlichen Neuausrichtung der Neubauförderung ab 2023. Wie die Förderung des energieeffizienten Neubaus von 2023 an gestaltet sein wird, steht erst in groben Zügen fest.

Eines ist aber nach Überzeugung der Immobilienbranche schon jetzt klar: Das Förderchaos bremst den Wohnungsbau aus und führt dazu, dass das von der Bundesregierung ausgerufene Ziel, jährlich 400.000 Wohnungen zu bauen, in weite Ferne rückt. Um das zu verdeutlichen: Nicht weniger als 23 Prozent der Mitgliedsunternehmen des GdW erklärten bereits nach dem ersten Förderstopp, ihre Neubaupläne komplett streichen zu müssen.

Im Frühjahr folgte das nächste Kapitel im Förder-Wirrwarr: Am 20. April startete ein neues, mit einer Milliarde Euro ausgestattetes Förderprogramm, das nur noch Bauvorhaben mit dem Effizienzhaus-Standard 40 zugutekam. Zuvor waren auch Bauvorhaben im weniger anspruchsvollen Effizienzhaus-Standard 55 gefördert worden. Das sei nicht mehr nötig, argumentiert das Bundeswirtschaftsministerium, da dieser Standard am Markt etabliert sei und zukünftig das gesetzliche Minimum im Neubau darstellen werde.

Und dann passierte es wieder: Schon nach wenigen Stunden war der Finanzrahmen ausgeschöpft, und die KfW verkündete erneut einen sofortigen Förderstopp, allerdings nicht ohne ein unmittelbar anschließendes Programm anzukündigen. Bauherren, die seither Geld vom Staat bekommen wollen, müssen nun nicht nur den Effizienzhaus-40-Standard einhalten, sondern zusätzlich bei einer Zertifizierungsstelle das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) beantragen. Dieses Siegel berücksichtigt zahlreiche unterschiedliche Kriterien, darunter die Recyclingfähigkeit der Baukonstruktion und das Ausmaß der Treibhausgasemissionen.

Doch dieses noch bis Ende 2022 laufende Förderprogramm kommt bei Projektentwicklern und Bauträgern nicht gut an. Laut einer Umfrage, die der Bundesverband Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW) im Sommer unter seinen Mitgliedern durchführte, wollen nur sechs Prozent der Unternehmen die neue Förderung beanspruchen. Diese sei deshalb „völlig unattraktiv und wirkungslos“, kritisiert BFW-Präsident Dirk Salewski.

Die neue Förderung werde „am Markt gut angenommen“, erklärt hingegen eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. Nach ihren Worten bewilligte die KfW zwischen dem 21. April und Ende Oktober gut 1.100 Anträge mit einem Volumen von rund 340 Millionen Euro. Wenn man allerdings bedenkt, dass die eine Milliarde Euro des Vorgängerprogramms binnen Stunden aufgebraucht waren, ist das eine vergleichsweise bescheidene Summe.

Klar ist, dass von Januar an nicht mehr das Wirtschaftsministerium, sondern das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für die Neubauförderung zuständig sein wird. „Die Fördersystematik wird derzeit erarbeitet“, sagt eine Sprecherin des Bundesbauministeriums. „Die einzelnen Details zu den Förderbedingungen können erst nach Fertigstellung der Förderrichtlinie bekanntgegeben werden.“ Starten soll das neue Förderprogramm „Klimafreundliches Bauen“ nach Worten der Sprecherin im ersten Halbjahr 2023.

Immerhin sind einige Eckpunkte bereits gesetzt. Insbesondere sollen die Treibhausgasemissionen im gesamten Lebenszyklus des Gebäudes zukünftig im Fokus stehen. Orientieren soll sich die Förderung also nicht nur daran, wie viel Energie ein Gebäude im Betrieb verbraucht, sondern auch daran, wie viel Energie für die Errichtung aufgewendet wird (die sogenannte graue Energie). „Vor dem Hintergrund der klimapolitischen Ziele ist es unstrittig, dass die gesamte Umweltwirkung der Gebäude in den Blick genommen werden muss“, sagt dazu die Sprecherin des Bundesbauministeriums. Bei der neuen Förderung werde das Qualitätssiegel Nachhaltiges Bauen weiterhin eine bedeutende Rolle spielen. Die Förderung soll über Förderdarlehen ausgegeben werden.

Neben all der Kritik aus der Immobilienbranche gibt es zumindest eine Stimme, die dem Umsteuern in der Förderpolitik etwas Gutes abgewinnen kann. Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), der auch zahlreiche Immobilienunternehmen angehören, begrüßt die Ausrichtung auf den Lebenszyklus ausdrücklich. Sie weist darauf hin, dass ein energieeffizientes Gebäude heute über die Hälfte seiner CO2-Emissionen bei der Herstellung verursacht. Vor fünfzig Jahren entfielen darauf laut DNGB lediglich 20 Prozent. „Die grauen Emissionen“, heißt es bei der DGNB, „sind einfach nicht mehr vernachlässigbar, wenn man eine klimaneutrale Gesellschaft anstrebt.“

Für den GdW-Präsidenten Axel Gedaschko steht jedoch ein anderer Punkt im Vordergrund: „Wenn überhaupt noch bezahlbarer Wohnraum für die Mitte der Bevölkerung entstehen soll, ist eine wirksame Förderung dringender denn je.“


Beitrag von Christian Hunziker. Christian Hunziker ist als freier Journalist auf Immobilienthemen spezialisiert und arbeitet unter anderem für die FAZ.

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