Seniorenwohnen als soziales Investment

Große institutionelle Anleger suchen zunehmend nach Möglichkeiten, nicht nur ökologisch nachhaltig, sondern auch mit positivem sozialen Impact zu investieren. Neben gefördertem Wohnungsbau ist auch das Wohnen im Alter im Fokus von Investoren. Besonders wichtig: Erschwingliche, altengerechte Wohnungen mit medizinischen und sozialen Zusatzangeboten zu schaffen.

Der Anteil von Menschen jenseits des Rentenalters wird in den kommenden Jahren kontinuierlich steigen. Bis 2060 werden nach heutiger Schätzung Rentner ein Drittel der gesamten Bevölkerung ausmachen. Das Rentenniveau hingegen wird sinken. Ein Beispiel: Ein Rentner, der in Bayern bis 2019 in Rente ging, verfügte im Schnitt über 1221 Euro im Monat. Wer ab 2019 in Rente ging, musste sich mit 1.167 Euro zufrieden geben- 54 Euro weniger. Die Haltelinie von 48 Prozent gilt nur bis 2025, danach wird das Niveau voraussichtlich weiter absinken.

Hinzu kommt: Gerade in Ballungsräumen leben ältere Menschen oft in Wohnungen, die ihnen längst zu groß oder wegen gesundheitlicher und altersbedingter Einschränkungen zu unpraktisch sind. Und das nur, weil sie keine kleineren, bezahlbaren Wohnungen finden.

Es gilt also, bezahlbaren Wohnraum für ältere Menschen zu schaffen. Hierbei müssen die Investoren vor allem die speziellen Anforderungen an Barriere-Freiheit und Nahversorgung im Auge behalten. Ein Notknopf in der Wohnung kann ebenso wichtig sein, wie Rollstuhl-gerechte Grundrisse und vor allem eine Nahversorgung, die älteren Menschen alle notwendige Dienste anbietet.

Bisher gibt es keine speziellen Förderinstrumente für Seniorenwohnungen- Senioren können sich zwar im Rahmen ihres Einkommens für geförderte Wohnungen bewerben. Diese sind zwar aufgrund der Förderung zu hundert Prozent barrierefrei – aber von Größe und Umfeld trotzdem nicht unbedingt an den Bedürfnissen von Senioren ausgerichtet. Es wäre also wichtig, die Bedürfnisse von Senioren in geförderte Wohnprojekte einfließen zu lassen oder sogar spezielle Förderprogramme für Seniorenwohnen aufzulegen.

Die GBI konzentriert sich seit längerem auf verschiedene Formen des Mikrowohnens und des geförderten Wohnens. Hier legen wir Wert auf Angebote, die das geförderte Wohnen für verschiedene Altersgruppen attraktiv machen- oder auch auf Wunsch von Gemeinden speziell auf ältere Menschen zugeschnitten ist. Als Beispiel kann unser Wohnungsbau-Projekt im bayrischen Heroldsbach dienen. Hier entstanden 25 Wohneinheiten in drei verschiedenen Förderstufen mit Mieten von 5,30 Euro bis 8,90 Euro. Bei den Gewerbeeinheiten wurde eine Tagespflege mit mobilem Dienst ebenso eingeplant wie eine Arztpraxis, Apotheke und Friseur. Im Ergebnis wohnen hier viele ältere Menschen, die größere Wohnungen oder Häuser für kleinere, pflegeleichtere Wohnungen eingetauscht haben.

Ein weiteres Beispiel für ein projektiertes Seniorenwohnprojekt mit zusätzlichen gewerblichen Angeboten entsteht im Allgäuer Städtchen Lindenberg. Hier handelt es sich um eine klassische, betreute Wohnanlage mit insgesamt 62 Wohneinheiten, die sich auf vier Häuser verteilen. Die Miete ist im städtebaulichen Vertrag auf zwölf Euro pro Quadratmeter gedeckelt – in einem Teil der Wohnungen können die Grundrisse je nach Lebenssituation verändert werden. Das Spezielle an Lindenberg ist, dass es sich bei dreien der Häuser um ein Paket für einen Investor handelt (Häuser 1 bis 3) und das vierte Haus aus Eigentumswohnungen besteht. Mit dieser Planung sollte -  und zwar politisch so gewollt – der Bedarf nach Miet– und Eigentumswohnungen gedeckt bzw. befriedigt werden. Das Besondere an Lindenberg ist auch, dass in die Objekte nur ältere Menschen einziehen dürfen. Das bedeutet konkret, dass bei den drei Mietshäusern der Eigentümer nur an diese Personengruppe vermieten darf und im vierten Haus entweder der Käufer selbst dazu gehört, oder nur an entsprechende Interessenten vermieten darf. Hierbei handelt es sich um eine Vorgabe aus dem städtebaulichen Vertrag. So soll ein Umfeld zu geschaffen werden, in dem die Bewohner möglichst lange bleiben können.

Neben den Wohnungen finden sich in Haus 3 drei Gewerbeeinheiten im EG und eine Gewerbeeinheit im 1. OG. Dieses gewerbliche Angebot soll speziell die Bedürfnisse der älteren Bewohner abdecken und ist genau darauf zugeschnitten: Eine Tagespflegeeinrichtung wird durch die Caritas betrieben werden, ein mobiler Betreuungsdienst entsteht für die Maya Tagespflege GmbH und in einer Bäckerei soll neben dem normalen Angebot auch ein offener Mittagstisch angeboten werden. Eine weitere gewerbliche Einheit im 1. OG soll an eine Arzt- oder Physiopraxis  vermietet werden, um das Angebot abzurunden.

Es ist dringend notwendig, von Seiten der Politik eine spezielle Förderung für Seniorenwohnen zu schaffen, damit sich die besonderen Anforderungen in Wohnbauprojekten realisieren lassen. Dazu würde beispielsweise auch eine Kombination mit Betreiberverträgen gehören, was heute nach den Förderrichtlinien nicht möglich ist. Denkbar wäre auch eine Förderung innerhalb gemischter Quartiere, wo beispielsweise eine Kombination mit anderen Wohnformen oder auch Serviced Apartments speziell für ältere Menschen sinnvoll wäre.


Beitrag von Simon Hübner (Vorstand der GBI Holding AG für den Bereich Wohnungsbau)

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